Kunst am Haus – 2007 Thomas Ruch

„Auf den ersten Blick kommt das Grundstück mit dem Haus an der Hauptsrasse 129 schmal daher. Auch beim Betreten will sich dieser Eindruck nicht abschreiben. Erstaunlich ist, dass dieser Parzelle das Schmale angehaftet bleibt. Um das Mehrfache zieht sich diese in die Länge, offenbart und potenziert dem Betrachter die Schmalheit als Schmalheit per se.
Um diesen Raum zu erweitern, gäbe es nichts einfacheres, als einen Spiegel anzubringen. Es wäre überraschend, was ein Spiegel am hinteren Ende des Grundstücks im Stande wäre zu leisten. Käme dieser doch einer Erweiterung gleich, die das Vorstellungsvermögen weit überbietet und jede pragmatische Konstruktion schachmatt stellt.
Das beste Spiel ist jenes, das bei jedem Zug seine Bedingungen neu formuliert. Ausserdem ist das Spiel die höchste Form der Muse. Wenn ich ein Haus bemalen soll und mir dazu nichts einfällt, dann liegt nichts mehr auf der Hand, als dieses Haus mit Kringeln zu füllen. Kringelzeichnungen erinnern uns an die Schulzeit. In langweiligen Vorlesungen gaben sie uns Anlass, die Ränder unserer Bücher und Hefter damit zu bekritzeln, zu füllen, ja zu übersähen, sehr zum Wohle unseres seelischen Zustandes.
Welche Seite auch immer eine über zwei Finger gedrehte Münze einnimmt, die in der Geschwindigkeit ihrer Selbstdrehung erst zum Stehen, dann beim Abklingen ihres Schwungs zum Kippen gelangt, ist nicht von Belang. Kreisende Kringel sind eine Geste der Muse.“

THOMAS RUCH

1963 geboren in Basel, absolvierte das Studium der Freien-Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf, das er mit dem Akademiebrief abschloss. Konrad Klapheck ernannte ihn zum Meisterschüler. Als bildender Künstler arbeitet und lebt er in Düsseldorf und Grindelwald. Seine Biographie ist unter www.sokultur.ch /Kulturschaffende abzurufen.